Aktuelle Beiträge zu den Themen Transidentität und Einordnung medialer Trends
Hier finden Sie zwei neue Beiträge zum Thema Transidentität in der Schule sowie zur Einordnung medialer Trends: https://lbsp.de/veroeffentlichungen/informationen/
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Vermehrt werden an den LBSP wegen des unklaren Profils der schulpsychologischen Tätigkeit Unmutsäußerungen von Seiten seiner Mitglieder herangetragen, verbunden mit der Aufforderung, sich für eine schärfere Profilbildung der Schulpsychologie einzusetzen. Im Rahmen der beginnenden strukturellen multiprofessionellen Zusammenarbeit und in Zeiten, die von den Folgen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine geprägt sind, herrscht vielerorts bei den Schulpsycholog*innen Orientierungsbedarf hinsichtlich der Grundlagen ihrer schulpsychologischen Tätigkeit.
Der Verfasser plädiert für eine Erweiterung der schulpsychologischen Tätigkeit im Bereich der klinischen Psychologie. Wobei er davon ausgeht, dass eine Spezialisierung der Schulpsychologie in verschiedene Teildisziplinen der Psychologie die künftige berufliche Entwicklung von Schulpsycholog*innen mehr noch als heute abbilden wird. Die schulpsychologischen Tätigkeitsschwerpunkte werden sich im Laufe der beruflichen Entwicklung ändern. Je nach Interesse, Aufgabenübertragungen oder Positionierung im Schulsystem werden sich schulpsychologische Einzelfallarbeit, Arbeit mit Gruppen oder die Tätigkeitsbereiche Lehrergesundheit oder Krisenintervention im Laufe der Berufsbiografie abwechseln.
In der Regierungserklärung „Das Beste für Bayern“ vom 18. April 2018 findet sich unter Punkt VI des 10-Punkte-Programms für Bayern folgende Formulierung:
„Unter dem Motto „Schule öffnet sich“ sollen externe Fachkräfte dazukommen. Wir starten das Programm „Schulsozialarbeit“ mit 500 Schulpsychologen und Sozialpädagogen als multiprofessionelle Teams [Hervorhebung d. V.].“
Diese Formulierungen, die aus Sicht des LBSP der Positionierung der Schulpsychologie in Bayern einen eigenen Akzent verleiht, führen in der Umsetzung nicht nur zu einer Verdoppelung der Stellenäquivalente für die Schulpsychologie nach dem Ende der Aufwuchsphase im Jahr 2023. Nach Erkenntnissen des LBSP wäre das ein Volumen von ca. 600 Stellenäquivalenten, verteilt auf ca. 1000 Schulpsycholog*innen aller Schularten in Bayern. Mit dem Terminus multiprofessionelle Teams ist auch eine zukunftsweisende Entwicklung für die Unterstützung von Schulen eingeleitet. Der LBSP hatte in seinen politischen Kontakten immer wieder auf die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit an Schulen hingewiesen.
Ob und welche anderen Professionen diese Teams künftig umfassen sollen, bedarf der weiteren Klärung.
Derzeit bilden also zwei akademische Berufssparten das multiprofessionelle Hauptgerüst. Die Schulpsycholog*innen als Berufspsycholog*innen und die pädagogisch orientierten Berufsprofile: Schulintern: Lehrkräfte verschiedener Schularten, auch mit einer zusätzlichen pädagogischen Qualifizierung oder mit zusätzlichen Aufgabenbereichen: Beratungslehrkräfte, Sonderpädagog*innen v.a. im MSD. Und als schulexterne Fachkräfte Sozialpädagog*innen, die als organisationsinterne Schulsozialpädagog*innen oder als organisationsexterne JaS-Fachkräfte tätig sind.
Seifried/Drewes/Hasselborn (Hrsg.). Handbuch Schulpsychologie. Psychologie für die Schule. Stuttgart: Kohlhammer, 3., überarbeitete Auflage 2021
Erster Eindruck
Das „Handbuch Schulpsychologie. Psychologie für die Schule“ in der 3. Aufl. kommt mit mehr als 400 Seiten schwer-gewichtig daher. Das erscheint notwendig und gerechtfertigt, denn die Darstellung schulpsychologischer Themen und Aufgaben ist umfassend. Die Herausgeber haben fleißig Artikel gesammelt und zusammengestellt, die zugleich theoriebezogen und praxisorientiert sind und einen gediegenen Überblick über die aktuelle Schulpsychologie in Deutschland ermöglichen.
Darstellung
Die drei Herausgeber verfügen über profunde Kenntnisse der Schulpsychologie. Klaus Seifried und Stefan Drewes haben lange Jahre schulpsychologische Beratungszentren geleitet, der eine in Berlin, der andere in Düsseldorf. Professor Dr. Marcus Hasselhorn leitet die Arbeitseinheit „Bildung und Entwicklung“ am DIPF/Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt/Main; seine Themen sind u. a. Lernstörungen, pädagogisch-psychologische Diagnostik und vielfältige Bildungsfragen.
Beruflicher Hintergrund und berufliche Expertise ermöglichten es den Herausgebern, einen kritischen Blick auf die 2. Aufl. (2016) zu werfen und das Handbuch erneut zu überarbeiten, zu aktualisieren und zu ergänzen. Im Vorwort wird ihr Anliegen deutlich: „Erkenntnisse und Erfahrungen aus der schulpsychologischen Praxis“ vorzustellen, wovon sie sich „Anstöße zu einer stärkeren Zusammenarbeit und Verknüpfung von Praxis und Forschung“ erhoffen (S. 9).
Die mehr als 50 Autorinnen und Autoren kommen zum Teil aus der (schul-)psychologischen Praxis, zum Teil sind sie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter an Hochschulinstituten oder Hochschullehrerinnen oder Hochschullehrer. Die Herausgeber sehen sie als „ausgewiesene Fachleute aus Wissenschaft und Praxis“ (S. 9).
Der Inhalt gliedert sich in drei Teile: Teil I Grundlagen, Teil II Fokus Schülerinnen und Schüler, Teil III Fokus Lehrkräfte und System Schule. In gewisser Weise spiegelt der Aufbau auch die Entwicklung der schulpsychologischen Aufgaben: Schüler > Lehrkräfte > System Schule.
Ingo Hertzstell: Elena Prochnow: Pass bloß auf deinen Daumen auf!
Aachen, Edition Pastorplatz, 2021
Es ist schon faszinierend, wie Elena Prochnow mit wenigen Worten und Bildern ein Geschehen skizziert, das gemeinhin als Mobbing zu bezeichnen ist. Und eine Lösung findet, die Mut macht.
Ein Schüler – Florian – drangsaliert mit Unterstützung von drei anderen Jungen eine Mitschülerin – Mimi. Im Laufe mehrerer Tage schreit er sie an und beschimpft sie, Sachen von ihr verschwinden und werden beschädigt im Müll gefunden; und sie wird auch körperlich attackiert.
Das sind letztlich psychische Verletzungen, die Mimi zugefügt werden. Mobbing ist in der Schule gar nicht so selten. Oft bleibt es zunächst unbemerkt, die Betroffenen versuchen aus Angst und Scham, irgendwie damit zurechtzukommen, es bedarf ziemlicher Überwindung, sich zur Wehr zu setzen oder sich Hilfe zu holen. Die Schulregeln verbieten es, sich mit anderen zu schlagen, andere zu verpetzen kommt auch nicht gut an, und die möglichen Helfer sind häufig selbst hilflos.
Das muss auch Mimi erfahren. Ihre Mutter rät ihr, sich zu wehren. Und sie ruft die Lehrerin an, die ihrerseits Mimi nur den Ratschlag gibt, Florian und den Jungen aus dem Weg zu gehen.
Das ist keine adäquate Lösung. Die Erfahrung zeigt, dass es wichtig ist, das Mobbing durch klare Ansagen zu unterbinden. Gemobbte Kinder sind unbedingt zu schützen, mobbende Kinder müssen gebremst und zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn eine Lehrkraft sich überfordert fühlt, kann sie sich beraten lassen oder beispielsweise die Schulpsychologin bzw. den Schulpsychologen hinzuziehen.
In Elena Prochnows Buch gibt es zum Glück den Opa. Er unterstützt Mimi, indem er ihr erklärt, wie man boxt und dabei seinen Daumen schützt. Er stärkt ihr Selbstvertrauen, er macht ihr Mut, sich nichts gefallen zu lassen, ihre Angst zu besiegen und so gegen Florian zu gewinnen. Und er zeigt sich solidarisch: Die Schulstrafe auf der roten Bank würden sie gemeinsam ertragen. Und am Ende stellt er Mimi noch eine Belohnung in Aussicht.
Das ist natürlich eine wunderbare Lösung! Leider ist sie in der Praxis eher selten. Was aber zum Ausdruck kommt, ist die Bedeutung einer kompetenten Person, die dem gemobbten Kind zuhört, es tröstet, ermutigt und mit ihm nach Lösungen sucht im Umgang mit dem mobbenden Kind und seinen Unterstützern, letztlich aber auch mit den Klassenkameradinnen und Klassenkameraden, die das Mobbinggeschehen durch ihr passives Verhalten indirekt unterstützen.
Mimi geht gestärkt und selbstbewusst in die Schule, mit klaren Vorsätzen, wie sie den Jungen begegnen wird. Und sie gewinnt! Florian und seine Anhänger halten Mimis Blick nicht stand. Und so erhält Mimi am Ende doch noch ihre Belohnung.
Meist suchen sich die mobbenden Schüler oder Schülerinnen schwächere Kinder aus, bei denen kaum mit Gegenwehr zu rechnen ist. Hier ist es die Bestimmtheit der Vorsätze, die die Schülerin stark macht. Die gedankliche Beschäftigung mit der richtigen Haltung der Daumen lässt die Angst in den Hintergrund treten, der Wille, sich nichts mehr gefallen zu lassen, ist deutlich spürbar. Der plötzliche Widerstand überrascht die Jungen, verunsichert sie und durchkreuzt etwaige weitere Mobbingabsichten.
Mit seiner auf das Wesentliche reduzierten unaufgeregten Darstellung des Mobbinggeschehens in einem überschaubaren Zeitraum – Zeitraffer von Montag bis Montag; im Allgemeinen sind es mehrere Wochen oder noch länger – eignet sich das Buch gut für Eltern, Erzieherinnen / Erzieher oder Lehrkräfte, um mit Kindern bis zur 2. Grundschulklasse über Mobbing zu sprechen.
Wie es überhaupt sinnvoll ist, das Thema vorbeugend anzusprechen und auf die Folgen und Konsequenzen aufmerksam zu machen. Mobbing kann Kinder, Jugendliche und Erwachsene in ihrer Leistungsfähigkeit einschränken, sozial verunsichern, das Selbstvertrauen zerstören und die Betroffenen traumatisieren bis hin zum Selbstmord.
Wird akutes Mobbing in einer Schulklasse aufgedeckt, gibt es etliche praxiserprobte Interventionsstrategien: konfrontative Methoden ebenso wie Ansätze für ein gutes Klassenklima.
Dabei sollte nicht vergessen werden, dass selbst diejenigen, die andere mobben, Verständnis und Hilfe brauchen, die auch darin bestehen kann, Grenzen zu setzen. Sie auf die „rote Bank“ zu setzen und damit an den Pranger zu stellen, entspricht nicht dem heutigen pädagogischen Verständnis. Besser sind Gespräche und eventuell ergänzend ein Sozialtraining.
Ingo Hertzstell (ingo.hertzstell@lbsp.de)
Mehr zu dem Buch einschließlich Leseprobe und zur Autorin und Illustratorin unter https://www.editionpastorplatz.de/index.php/buecher/kinderbuecher/bilderbuecher/190-pass-bloss-auf-deinen-daumen-auf
Aus dem Vorstand:
Der gelungene Online-Bundeskongress Schulpsychologie vom 20.09 – 24.09.2021 endete mit einem Symposion „100 Jahre Schulpsychologie“.
Einige zentrale Aspekte aus diesem Symposion:
Lothar Hellfrisch, ehemaliger Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik und Schulpsychologe für die allgemeinbildenden Schulen in der Stadt Würzburg (1975-1988), Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie im BDP (1981-1987) sowie Präsident des BDP (1990-2001), stellte heraus, dass in den Anfängen der Schulpsychologie der Therapiegedanke und damit verbunden die therapeutische Grundauffassung für die Zielgruppe Schülerinnen und Schüler eine zentrale Rolle spielte. Mit Methoden aus der Gesprächspsychotherapie und der Verhaltenstherapie sollte die Schulpsychologie die Anliegen und Probleme der Schülerinnen aufgreifen und den Lösungsweg unterstützen. Im Fokus war der Versorgungsaspekt.
Ein bedeutsamer Impuls für die Weiterentwicklung der Schulpsychologie ging von Helmut Heyse aus, Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie 1976/1977 und von 1987 bis 1994. Helmut Heyse war von 1970 bis 2001 Referatsleiter für den Schulpsychologischen Dienst bei der Bezirksregierung Trier. Von 2001 bis 2004 baute er im Auftrag des Kultusministeriums Rheinland-Pfalz das Projekt Lehrergesundheit auf und leitete dieses. Er hat zahlreiche Schriften zum Thema Lehrerinnen- und Lehrergesundheit veröffentlicht.
Der von ihm propagierte Paradigmenwechsel lenkte den Fokus der schulpsychologischen Tätigkeit auf das Lehrpersonal. Die Schulpsychologie sollte sich vom Anwalt des Kindes zum Anwalt einer guten Schule entwickeln. Die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern durch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen würden weder Lehrkräfte noch die Administration dazu bringen, eine größere schulpsychologische Versorgung einzufordern. Daher sollte sich die Schulpsychologie aus der Schülerhilfe (gemeint ist die Einzelfallhilfe) weitgehend zurückziehen Auf seinen Einfluss gehen bundesweit die Projekte Lehrergesundheit und der systemische Blick auf die Organisation Schule zurück.
Stefan Drewes, 2006-2016 Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie im BDP, hob den Gedanken der niedrigschwelligen Dienstleistung sowie der Systemberatung (auch für das System Familie) hervor. Die Schulpsychologie solle die Daseinsvorsorge für Bürger im Bereich der Bildung aufgreifen. Konkrete Unterstützung für Eltern und Schülerinnen und Schüler in Bedürfnislagen und Nöten. Bedeutsam weiterhin sei ein proaktives Zugehen auf die Bedürfnisse der Schulen vor Ort in den jeweiligen Arbeitsfeldern. Auch ein zielgerichtetes Zugehen auf die Bildungsverwaltungen und die Ministerien gehöre dazu. Die Schulpsychologie müsse künftig sichtbarer werden und handfeste Hilfen für Schulen anbieten. In diesem Segment stehe sie in Konkurrenz zur Schulsozialarbeit.
Seit 2017 ist Stefan Drewes Leiter des LVR-Zentrums für Medien und Bildung in Düsseldorf.
Prof. Dr. Detlef Berg, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt (1980-2008) stellte die Vorteile einer organisationsinternen Verankerung der Schulpsychologie heraus, wie dies in Bayern der Fall ist. Als brennendes aktuelles und künftiges Thema für die Schulpsychologie griff Detlef Berg den Umgang von jungen Menschen mit ihrem Körper auf. Auch die Frage der Geschlechtsumwandlungen nannte Detlef Berg in seinen Ausführungen.
Alexandra Ubben, schulpsychologische Dezernentin im Landkreis Aurich in Niedersachsen, sieht die künftige Position der Schulpsychologie in einer Position auf der Metaebene. Zu den Einrichtungen der Schulsozialarbeit und der Sonderpädagogik sehe sie daher keine Konkurrenz. Diese werden als erste Ansprechpartner an Schulen aktiv, da sie bessere Zugänge zu den Eltern hätten. Ein zentrales aktuelles Thema stelle die Multiprofessionalität dar. Gefragt sei die Schulpsychologie bei den Schulleitungen, wenn es um differentielle psychologische Fragestellungen, koordinierende Tätigkeiten und um systemische Zusammenhänge gehe. Die Schulpsychologie müsse in diesem Zusammenhang selbstbewusst nach vorne gehen und ihren Mehrwert für die Schulen verdeutlichen.
Welche Konsequenzen für die Schulpsychologie und insbesondere für Bayern können aus den Ausführungen der Teilnehmer*innen des Symposions gezogen und abgleitet werden?
Die Schulpsychologie muss Ihre Wirkung in der multiprofessionellen Zusammenarbeit entfalten. Dazu ist eine klare Segmentierung der Aufgaben in pädagogische und psychologische Tätigkeitsfelder vonnöten. In den Richtlinien zur Schulpsychologie müssen die psychologischen Propria im Sinne einer Profilbildung klar benannt und in den Stellenkegeln des Staatshaushaltes mit psychologischen Amts- und Funktionsbezeichnungen ausgewiesen werden.
Die Schulpsychologie muss an den einzelnen Schulen vermehrt ihr Gesicht zeigen, im Beratungssetting, bei schulhausinternen Fortbildungen und in regelmäßigen formalen und informellen Kontakten zu den Schulleitungen. Der Aufbau einer Gehstruktur ist vonnöten
Das Kongressmotto des BUKO 2021 „Mehr Psychologie in die Schulen“ gibt die Richtung und den Takt für die künftige Positionierung der Schulpsychologie im System Schule vor. Aufgrund des bayerischen Wegs ist die Schulpsychologie im Vergleich zu anderen Bundesländern vor Ort gewinnbringend aufgestellt. Nachholbedarf kann in der Verankerung von Schulpsycholog*innen in der Dienststruktur angemeldet werden, nicht nur im Kultusministerium, sondern in allen Schularten auf allen Ebenen der Administration. Schulpsycholog*innen können auch in Bayern im Bereich von Alpha-Aufgaben eingesetzt werden, u.a. in der dienstlichen Beurteilung von Schulpsycholog*innen.
Die Schulpsychologie hat sich im Laufe ihrer Entwicklung spezialisiert und ausdifferenziert. Sie bedient inzwischen im Kontext Schule die klassischen Ausrichtungen der akademischen Psychologie: klinische Psychologie, pädagogische Psychologie und die Arbeits- und Organisationspsychologie. Die Schulpsycholog*innen in Bayern sind aufgrund ihres Studiums der Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt grundlegend für diese Tätigkeiten qualifiziert. Eine spätere berufsbezogene, aber auch berufstemporäre Schwerpunktsetzung scheint zielführend. Ein Generalistentum ist nur noch zeitverzögert umsetzbar, die unterschiedlichen Kompetenzen einer Person entwickeln sich in einem berufsbiografischen Laufbahnmodell.
Last but not least.
Die Beteiligung von bayerischen Schulpsycholog*innen am virtuellen BUKO 2021 hielt sich stark in Grenzen. Dafür kann es sicherlich im viele Gründe geben: der zeitnahe Beginn des Schuljahres 2021/22, das ungewohnte Format, die Teilnahmegebühr von 200,00 € oder auch eine gewisse Fortbildungssättigung durch lokale, regionale und überregionale Angebote.
Möglicherweise ging der bayerischen Schulpsychologie inzwischen der Blick über den Zaun verloren. Der BUKO 2021 hat gezeigt, dass die bayerische Schulpsychologie derzeit die relevanten psychologischen Felder in der Schule vergleichbar gut abdeckt. Meinem Eindruck nach setzen aber andere Bundesländer im Bereich der Qualitätsentwicklung und Wissenschaftsorientierung weitaus stärkere Akzente. Das mag auch auf die universitäre Ausbildung der Schulpsychologen außerhalb von Bayern – Studiengang Psychologie mit dem Abschluss Master Sc. – zurückzuführen sein, die sich von der universitären Aufstellung der Schulpsychologie in Bayern (Studiengang Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt [nur an der KU Eichstätt Abschluss auf Bachelor-Niveau]) unterscheidet. In diesem Zusammenhang muss für die Vorbereitungsphase des 2. Staatsexamens in Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt deutlicher Handlungsdruck angemeldet werden.
Es bleiben rätselhaft offene Fragen. Rätselhaft in diesem Kontext ist auch die Tatsache, dass die schriftliche Bitte des BUKO-Veranstalters um Ankündigung des BUKO 2021 in FIBS von der ALP nicht beantwortet wurde.
Hans-J. Röthlein (jroethlein@lbsp.de )
Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher unserer Webseite,
vom 20. bis 24. September findet der Bundeskongress Schulpsychologie statt:
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.bdp-schulpsychologie.de/aktuell/buko/2021/
Der LBSP für die Schüler*innen zehn Risikocluster identifiziert, die sich aus der Pandemie und den damit verbundenen Auswirkungen auf Schule und Gesellschaft ergeben:
Das Risiko für die genannten Schüler*innen ist groß, den Anschluss zu verlieren. Ihnen sollte besondere Aufmerksamkeit und schulpsychologische Unterstützung zuteilwerden.
Pressemitteilung des LBSP
Bereits vor Ausbruch der Pandemie hatten verschiedene Studien, darunter der Bericht aus dem Jahr 2016 zur psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen in Bayern (Ministerium für Gesundheit und Pflege), auf eine Zunahme von Störungen des Erlebens und Verhaltens, v.a. im Grundschulbereich hingewiesen.
Presseinformationen, gestützt auf aktuelle Studien zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, stellen einen derzeit noch nicht mit Zahlen ausreichend belastbaren Trend zur Verschlimmerung der psychischen Gesundheit fest.
Die aktuelle COPSY-Studie des Uniklinikums Hamburg (zweite Befragung: Januar 2021) spricht davon, dass 80 Prozent der Stichprobe (1000 Schüler*innen von 7-17 Jahren und 1600 Eltern) durch die Pandemie psychisch belastet sind.
Als Leitsymptomatik wird in den Studien aufgeführt: Angst- und Schlafstörungen (u.a. Störungen des Tag- und Nachtrhythmus), depressive Entwicklungen, psychosomatische Schmerzzustände, Essstörungen, psychische und soziale Folgen von Mobbing, möglicherweise auch verstärkt durch erhöhten Gebrauch von sozialen Medien. Dazu bereitet das Gesundheitsverhalten Sorge: Bewegungsmangel und Fehlernährung wurden durch die psychosozialen Beschränkungen in der Folge der Pandemie verstärkt.
Zudem leiden viele Kinder unter dem Verlust der gewohnten Alltagsstruktur und unter der Einschränkung der entwicklungsnotwendigen Sozialkontakte. Betroffen sind ebenfalls die für das Lernen wichtigen exekutiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Motivation.
Notwendige Entwicklungen, wie die Selbstständigkeit, die Tatkraft, die Bedürfnisregulierung und der Gemeinsinn in der Grundschulzeit werden gebremst. Auch die Ausformung des Selbstbildes und der Ich-Identität sowie Ablösungsprozesse aus dem Elternhaus in der Adoleszenz werden verzögert. Introvertierte und sensible Kinder sowie Kinder aus belasteten sozialen Milieus (u.a. beengte Wohnverhältnisse, Armut, Verlust des Arbeitsplatzes eines Elternteils oder beider Eltern, alleinerziehende Elternteile, fehlende Unterstützung durch ein familiäres Netzwerk) sind besonders gefährdet. Der LBSP hat zehn Risikocluster identifiziert, siehe www.lbsp.de .
Um die Schulöffnungen zu ermöglichen und künftig aufrechterhalten zu können, bedarf es vor allem dreier Schwerpunktsetzungen unter dem Motto: „Mehr Psychologie in die Schulen“, siehe www.bdp-schulpsychologie.de .
Indizierte Prävention
Die in den Clustern identifizierten Schüler*innen sind Hochrisikoschüler, die gezielt in den pädagogischen Fokus genommen und über schulisches Fachpersonal an niedrigschwellige Präventionsangebote angebunden werden müssen. Über individuelle psychologische Ansprachen, rechtzeitige differenzielle Diagnostik und Behandlung durch psychologische Trainingsprogramme und durch notwendige Kontaktanbahnung zu medizinischen und fachpsychotherapeutischen Diensten kann der Chronifizierung von Störungen vorgebeugt werden.
Maximal möglicher Arbeitsschutz
Alle Maßnahmen zur Sicherung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz müssen sofort und nachhaltig umgesetzt werden, v.a. technische Ausrüstung wie CO2-Ampeln und Aerosolfilteranlagen, regelmäßige Reihentestungen für Schulpersonal und Schüler*innen sowie die Einstufung des gesamten Schulpersonals in die Gruppe „Hohe Priorität“ bei der Impfreihenfolge. Bei Reihentestungen an Schulen positiv getestete Schüler*innen sowie deren Lehrkräfte muss bei Bedarf ein klärendes schulpsychologisches Beratungsangebot unterbreitet werden.
Unterstützung des Personals, insbesondere des Führungspersonals durch Supervisions- und Coachingangebote
Lehrkräfte – insbesondere Führungskräfte – stehen unter erhöhter Dauerbeanspruchung, darauf haben mehrere Verbände eindringlich hingewiesen. Präventiv gilt es, den Stressfolgeerscheinungen vorzubeugen und diese abzufedern.
Die psychische und physische Gesundheit von Lehrkräften muss gestärkt werden. Schüler*innen brauchen gerade in Pandemiezeiten gefestigte, tatkräftige und motivierende Lehrerpersönlichkeiten.
Der LBSP fordert:
verantwortlich im Sinne des Presserechts: Hans-Joachim Röthlein, 1. Vorsitzender LBSP