Die Schulen öffnen und die Gesundheit schützen

Pressemitteilung des LBSP

Bereits vor Ausbruch der Pandemie hatten verschiedene Studien, darunter der Bericht aus dem Jahr 2016 zur psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen in Bayern (Ministerium für Gesundheit und Pflege), auf eine Zunahme von Störungen des Erlebens und Verhaltens, v.a. im Grundschulbereich hingewiesen.

Presseinformationen, gestützt auf aktuelle Studien zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, stellen einen derzeit noch nicht mit Zahlen ausreichend belastbaren Trend zur Verschlimmerung der psychischen Gesundheit fest.

Die aktuelle COPSY-Studie des Uniklinikums Hamburg (zweite Befragung: Januar 2021) spricht davon, dass 80 Prozent der Stichprobe (1000 Schüler*innen von 7-17 Jahren und 1600 Eltern) durch die Pandemie psychisch belastet sind.

Als Leitsymptomatik wird in den Studien aufgeführt: Angst- und Schlafstörungen (u.a. Störungen des Tag- und Nachtrhythmus), depressive Entwicklungen, psychosomatische Schmerzzustände, Essstörungen, psychische und soziale Folgen von Mobbing, möglicherweise auch verstärkt durch erhöhten Gebrauch von sozialen Medien. Dazu bereitet das Gesundheitsverhalten Sorge: Bewegungsmangel und Fehlernährung wurden durch die psychosozialen Beschränkungen in der Folge der Pandemie verstärkt.

Zudem leiden viele Kinder unter dem Verlust der gewohnten Alltagsstruktur und unter der Einschränkung der entwicklungsnotwendigen Sozialkontakte. Betroffen sind ebenfalls die für das Lernen wichtigen exekutiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Motivation.

Notwendige Entwicklungen, wie die Selbstständigkeit, die Tatkraft, die Bedürfnisregulierung und der Gemeinsinn in der Grundschulzeit werden gebremst. Auch die Ausformung des Selbstbildes und der Ich-Identität sowie Ablösungsprozesse aus dem Elternhaus in der Adoleszenz werden verzögert. Introvertierte und sensible Kinder sowie Kinder aus belasteten sozialen Milieus (u.a. beengte Wohnverhältnisse, Armut, Verlust des Arbeitsplatzes eines Elternteils oder beider Eltern, alleinerziehende Elternteile, fehlende Unterstützung durch ein familiäres Netzwerk) sind besonders gefährdet. Der LBSP hat zehn Risikocluster identifiziert, siehe www.lbsp.de .

Um die Schulöffnungen zu ermöglichen und künftig aufrechterhalten zu können, bedarf es vor allem dreier Schwerpunktsetzungen unter dem Motto: „Mehr Psychologie in die Schulen“, siehe www.bdp-schulpsychologie.de .

  • indizierte Prävention: frühzeitiges Identifizieren und Betreuen von Risikogruppen
  • maximale Umsetzung des Arbeitsschutzes in jeder Schule
  • Coaching des Personals, insbesondere des Führungspersonals v.a. unter dem Aspekt des psychologischen „Gesundheitscoaching“

Indizierte Prävention

Die in den Clustern identifizierten Schüler*innen sind Hochrisikoschüler, die gezielt in den pädagogischen Fokus genommen und über schulisches Fachpersonal an niedrigschwellige Präventionsangebote angebunden werden müssen. Über individuelle psychologische Ansprachen, rechtzeitige differenzielle Diagnostik und Behandlung durch psychologische Trainingsprogramme und durch notwendige Kontaktanbahnung zu medizinischen und fachpsychotherapeutischen Diensten kann der Chronifizierung von Störungen vorgebeugt werden.

Maximal möglicher Arbeitsschutz

Alle Maßnahmen zur Sicherung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz müssen sofort und nachhaltig umgesetzt werden, v.a. technische Ausrüstung wie CO2-Ampeln und Aerosolfilteranlagen, regelmäßige Reihentestungen für Schulpersonal und Schüler*innen sowie die Einstufung des gesamten Schulpersonals in die Gruppe „Hohe Priorität“ bei der Impfreihenfolge. Bei Reihentestungen an Schulen positiv getestete Schüler*innen sowie deren Lehrkräfte muss bei Bedarf ein klärendes schulpsychologisches Beratungsangebot unterbreitet werden.

Unterstützung des Personals, insbesondere des Führungspersonals durch Supervisions- und Coachingangebote

Lehrkräfte – insbesondere Führungskräfte – stehen unter erhöhter Dauerbeanspruchung, darauf haben mehrere Verbände eindringlich hingewiesen. Präventiv gilt es, den Stressfolgeerscheinungen vorzubeugen und diese abzufedern.

Die psychische und physische Gesundheit von Lehrkräften muss gestärkt werden. Schüler*innen brauchen gerade in Pandemiezeiten gefestigte, tatkräftige und motivierende Lehrerpersönlichkeiten.

Der LBSP fordert:

  • gezieltes Monitoring von Risikoschüler*innen in multidisziplinären Teams an Schulen, in denen das schulinterne Fachpersonal gebündelt wird und die Psychologie eine führende fachliche Expertise darstellt
  • im Hinblick auf den auch in der Postpandemiezeit noch zu erwartenden steigenden Beratungs-und Versorgungsbedarf: Ausbau der schulpsychologischen Tätigkeitsstunden zur Hälftigkeit der Arbeitsdeputate in allen Schularten
  • um die notwendige schulpsychologische Tätigkeit in Präsenz zeitnah wieder hochfahren zu können: Aufnahme aller Schulpsycholog*innen in die Gruppe „Hohe Priorisierung“ bei der Impfreihenfolge
  • Bereitstellung einer datenschutzkonformen digitalen Kommunikationsstruktur

 

 

 

 

 

 

 

verantwortlich im Sinne des Presserechts: Hans-Joachim Röthlein, 1. Vorsitzender LBSP

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