Pressemitteilung des LBSP vom 14.09.2015
Schülerinnen und Schüler mit Fluchterfahrungen
Unterstützung durch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen notwendig
Viele Schulen und viele Lehrkräfte engagieren sich vorbildlich für die Neuankömmlinge und beweisen damit ihre Solidarität mit deren Erfahrungen und Schicksalen. Sie aktivieren nicht nur ihre pädagogischen Kompetenzen, sondern auch ihre Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Ebenso erfreulich ist es, dass das KM erste Mittel zur Verfügung stellt und einen organisatorischen Rahmen eingerichtet hat.
Daneben sollten nach Überzeugung des Landesverbandes bayerischer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen (LBSP) die Schulen und die dort Tätigen für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrungen besonders vorbereitet werden. Gerade zu Beginn des neuen Schuljahres, vor allem mit Blick auf die zahlreichen Asylbewerber, die derzeit in Bayern ankommen, ist eine fachlich qualifizierte Unterstützung unabdingbar. Schulpsychologische Kompetenzen sollten intensiv eingebracht werden können. Einige der Kinder und Jugendlichen werden ihre Erfahrungen mit ihren persönlichen Kräften und Ressourcen bewältigen, fast alle aber sind unter dramatischen Umständen zu uns gekommen und viele sind traumatisiert, manche sogar mehr als wir vielleicht meinen.
Schulpsychologinnen und Schulpsychologen verfügen aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung und ihrer Beratungserfahrung über die Kompetenz zum Umgang mit psychisch schwer belasteten Kindern und Jugendlichen. Mit Methoden der Anamnese erhalten sie Einsicht in die vorliegenden Probleme und können geeignete Maßnahmen überlegen, vorschlagen und in die Wege leiten – sowohl innerschulisch als auch im Rahmen der außerschulischen Kooperation –, um die Integration zu erleichtern und Spätfolgen vorzubeugen. Sie können als Bindeglied zu außerschulischen Einrichtungen fungieren und die Aufgabe der Koordination übernehmen, denn diese Tätigkeiten sind im Rahmen der normalen schulpsychologischen Arbeit gang und gäbe.
Daneben sind Schulpsychologen Ansprechpartner für Schulverwaltung und Multiplikatoren, für die Begleitung von Lehrkräften, indem sie diese fachlich unterstützen und beraten sowie für die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Eltern sensibilisieren. Lehrkräfte können vorbereitet werden für die besonderen Bedürfnisse der Flüchtlinge, brauchen Hilfen in konkreten Fällen und spezielle Fortbildungsangebote (Supervision, kollegiale Fallbesprechungen, individuelles Coaching), um den Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen hilfreich begleiten zu können. Schulpsychogische Supervisorinnen und Supervisoren können Lehrkräfte und Leitungspersonen darüber hinaus helfen, mit den Belastungen zurechtzukommen, die aus den Berichten und Erlebnissen dieser Menschen folgen können. Es gilt nicht nur Verständnis für die Herkunft aus anderen Kulturen, Religionen und Bildungssystemen aufzubauen und weiterzuentwickeln, sondern auch die gegenwärtigen Lebensumstände, z.B. die oft problematische Unterbringung, sollten bei der Beurteilung einer Schülerin oder eines Schülers mit Fluchterfahrungen berücksichtigt werden.
Der Vorsitzende des LBSP, Hans J. Röthlein, stellt dazu fest: „In dieser brisanten Situation muss neben den rein schulischen Maßnahmen eine intensive psychologische Beratung und Betreuung treten. Schulpsychologen können bei der Entwicklung von pädagogisch-psychologischen Maßnahmen und Konzepten helfen.“ Röthlein kann sich gut vorstellen, dass der LBSP ein dafür notwendiges und praktikables Konzept anbietet.
Im KIBBS (Krisen-Interventions- und Bewältigungsteam Bayerischer Schulpsychologinnen und –psychologen) stehen außerdem Fachleute mit mehrjähriger Praxiserfahrung sowie mit traumatherapeutischer Qualifikation für die anstehenden Aufgaben und Herausforderungen bereit. Doch darf nicht übersehen werden, dass es sich bei der Begleitung der Flüchtlinge um zusätzliche Aufgabenbereiche handelt, die neue, also zusätzliche Zeitressourcen für die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen unbedingt erforderlich machen.